Googlemaps & Co erleichtern unser Leben ungemein – doch nicht überall auf der Welt stehen diese Dienste im gleichen Maße zur Verfügung. Gerade in Südamerika weist die Google-Karte noch viele Lücken auf, die kreative Alternativen hervorgebracht haben. Was passiert, wenn ein ganzes Land beschließt, eigene Wege zu gehen und dabei sogar Google übertrifft?
Die Grenzen der digitalen Weltkarte
In einer Zeit, in der Google Maps für viele Menschen zur selbstverständlichen Navigationshilfe geworden ist, offenbaren sich in verschiedenen Teilen der Welt noch immer erhebliche Lücken in der digitalen Kartografie. Besonders deutlich wird dies in Lateinamerika, wo die gewohnte Präzision und Vollständigkeit der Google-Dienste längst nicht überall verfügbar ist.
Google Maps: Ein Luxus, der nicht überall verfügbar ist
Für Menschen mit einem weniger ausgeprägten Orientierungssinn haben Google Maps, Street View und Google Transit das Leben revolutioniert. Die Zeiten des Zu-spät-Kommens wegen Verlaufens gehören der Vergangenheit an, Häuser können vor einem Besuch virtuell besichtigt werden, und präzise Informationen über öffentliche Verkehrsmittel stehen jederzeit zur Verfügung.
Doch dieser digitale Komfort ist ein Privileg, das nicht allen Menschen weltweit gleichermaßen zugänglich ist. In Südamerika beispielsweise sind die Google-Dienste nur in Mexiko und Brasilien im gewohnten europäischen Standard verfügbar. Während in Argentinien immerhin bereits die Pinguine der Antarktis von den Google Street View-Kamerawagen erfasst wurden, herrscht im übrigen Teil des Kontinents eine für Google ungewöhnliche Zurückhaltung.
Uruguay als Beispiel: Wenn Google an seine Grenzen stößt
Uruguay illustriert exemplarisch die Herausforderungen, die entstehen, wenn etablierte digitale Dienste nicht verfügbar sind. Das kleine südamerikanische Land ist gewissermaßen ein „weißer Fleck“ auf der Google-Karte. Das Fehlen von Street View ist dabei nur ein Aspekt des Problems. Während Satellitenaufnahmen und Karten in Europa bis auf wenige Meter genau funktionieren, ist es in Uruguay oft unmöglich, spezifische Adressen zu finden. Hausnummern können nicht eingegeben werden, und auch bekannte Plätze oder Sehenswürdigkeiten sind häufig nicht im Verzeichnis vorhanden.
Obwohl diese Unzulänglichkeiten nach und nach durch den Google Mapmaker behoben werden können, bleiben wesentliche Funktionen unzugänglich. Google Transit, das in anderen Ländern unverzichtbar für die Navigation im öffentlichen Nahverkehr geworden ist, steht auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung.
Die uruguayische Antwort: Open Source als Alternative
Anstatt auf die Verfügbarkeit der Google-Dienste zu warten, hat Uruguay einen bemerkenswerten eigenen Weg eingeschlagen. Das Land hat eine bedeutende Open Street Map-Community entwickelt und eine Vielzahl innovativer Geolokalisierungs-Anwendungen für verschiedene Plattformen geschaffen.
Der Schlüssel zu diesem Erfolg liegt in der staatlichen Unterstützung. Die uruguayische Regierung stellt alle verfügbaren Geodaten kostenlos im Internet zur Verfügung und fördert aktiv die Entwicklung digitaler Lösungen. Unterstützt wird diese Initiative durch das Entwicklungsprogramm „Desarrollando América Latina“, das darauf abzielt, technologische Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden.
Erfolgreiche Eigenentwicklungen
Das Ergebnis dieser Bemühungen kann sich durchaus sehen lassen. Es sind verschiedenste Anwendungen und Internetseiten entstanden, die Kartendarstellungen von Adressen, Busfahrpläne, Informationen über Sehenswürdigkeiten oder sogar Unfallwahrscheinlichkeiten bieten.
Cómo Ir: Ein lokaler Konkurrent für Google Maps
Ein besonders gelungenes Beispiel ist die Anwendung „Cómo Ir“, die von der Intendencia de Montevideo (Stadtverwaltung Montevideo) entwickelt wurde. Diese Java-Anwendung findet tatsächlich jede Adresse in der Stadt und berechnet sowohl Fußwege als auch Busverbindungen zwischen beliebigen Punkten. Auf Wunsch werden die entsprechenden Fahrpläne angezeigt.
Besonders benutzerfreundlich ist dabei, dass die exakte Adresse des Ziels nicht bekannt sein muss. Der Zielpfeil kann einfach auf der Karte verschoben werden. Ein weiterer praktischer Aspekt ist die Anzeige aller verfügbaren städtischen WLAN-Netze auf der Karte.
Herausforderungen und Grenzen
Trotz dieser beeindruckenden Eigenentwicklungen bleiben einige Herausforderungen bestehen. Die mobile App von Cómo Ir ist bislang nur für Android und iOS verfügbar, was Nutzer anderer Betriebssysteme ausschließt. Auch Echzeit-Fahrpläne sind noch nicht verfügbar, da die entsprechenden Datensätze offenbar noch nicht zur Verfügung stehen.
Allerdings wäre auch Google wahrscheinlich machtlos gegen die berüchtigte Unpünktlichkeit des uruguayischen Nahverkehrs – ein Problem, das keine noch so ausgeklügelte Technologie lösen kann.
Lehren für die digitale Zukunft
Das uruguayische Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass Alternativen zu den großen Tech-Konzernen nicht nur möglich, sondern oft sogar besser an lokale Bedürfnisse angepasst sind. Durch die Kombination aus staatlicher Unterstützung, Open-Source-Philosophie und lokaler Expertise entstehen Lösungen, die durchaus mit internationalen Standards konkurrieren können.
Diese Entwicklung wirft auch grundsätzliche Fragen über digitale Souveränität und Abhängigkeit von globalen Technologieunternehmen auf. Uruguay beweist, dass es möglich ist, eigene Wege zu gehen und dabei innovative, funktionale Alternativen zu entwickeln.
Die Erfahrungen aus Uruguay könnten als Modell für andere Regionen dienen, die ähnliche Herausforderungen mit der Verfügbarkeit digitaler Dienste haben. Sie zeigen, dass lokale Lösungen nicht nur eine Notlösung darstellen, sondern durchaus das Potenzial haben, globale Standards zu setzen.